Sebastian Krass schrieb in der Süddeutschen Zeitung vom 3. Januar über den unaufhaltsamen Anstieg der Mieten in München. Er führte dazu ein Gespräch mit unserem Sprecher Christian Stupka, der hier Aufklärung schaffen konnte:
Ein Anruf bei Christian Stupka. Er ist Münchens wohl bekanntester Aktivist für bezahlbares Wohnen und Mitarbeiter der Genossenschaftlichen Immobilienagentur Gima, einer Dachorganisation von Wohngenossenschaften. Der Mann steht also nicht im Verdacht, allzu viel Mitgefühl für Immobilieninvestoren zu haben. Aber er beschäftigt sich auch mit den Mechanismen auf dem freien Wohnungsmarkt in München.
Gleich zu Beginn des Telefonats schickt Stupka eine Excel-Tabelle, eine „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ für Immobilien. Allerhand Felder hat sie, zum Beispiel für den Grundstückskaufpreis, die Baukosten für eine gewisse Zahl Quadratmeter. Auch Zinsen, Eigenkapital und Rücklagen können eingetragen werden. Und am Ende kommt eine Miete raus, die man verlangen muss, um das Objekt rentabel zu betreiben.
Stupka hat auch eine Modellrechnung eingetragen: zwei Millionen Euro Kaufpreis für ein Grundstück, das Platz bietet für zehn Wohnungen à 75 Quadratmeter. Der Preis entspricht von der Lage in der Stadt her „eher Laim als Lehel“, sagt Stupka, also nicht ganz weit draußen, aber auch nicht in besonders begehrter Lage. Die Baukosten beziffert Stupka aktuell auf 5000 Euro pro Quadratmeter. Er legt drei Prozent Kreditzinsen zugrunde und die Erwartung, auf das eingesetzte Eigenkapital drei Prozent Rendite zu erwirtschaften, die man auch für Festgeld bekommen kann.
Die Kaltmiete, die man Stupka zufolge bei diesen Eckdaten verlangen müsste, um vernünftig unternehmerisch zu arbeiten, liegt bei: 31,50 Euro pro Quadratmeter.
„Das ist der Grund, warum im Moment auch kaum noch jemand anfängt, frei finanzierte Mietwohnungen neu zu bauen“, sagt Stupka. Denn 31,50 Euro sind bis auf ein paar Spitzenobjekte nicht mal in München realistisch, zumindest noch nicht. Die 24 Euro, die derzeit laut IVD durch- schnittlich verlangt werden, nennt Stupka vor diesem Hintergrund auch „erklärbar“.
Die Tabelle mache, so erläutert es der Experte, auch deutlich, welche drei Stellschrauben es seien, die die Preise in die Höhe trieben. Zuerst erwähnt Stupka das deutlich gestiegene Zinsniveau. Als Zweites nennt er „die durch die Decke gegangenen Grundstückspreise“ und als Drittes die „viel zu hohen Baukosten, weil die Anforderungen etwa für den Schallschutz inzwischen völlig überzogen sind“. Diese Faktoren treiben übrigens nicht nur die Kosten und in der Folge die Mietpreise auf dem privaten Wohnungsmarkt in die Höhe, sondern erschweren auch die Arbeit für eine städtische Gesellschaft wie die Münchner Wohnen oder für Genossenschaften.